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JiL 37/10 NEU, Arbeitskreis 3

"Die deutsche Bahn Zukunftsfähig machen"

Der Schleswig-Holsteinische Landtag und die Landesregierung werden aufgefordert, sich für die komplette Wiederverstaatlichung der Deutschen Bahn einzusetzen. Außerdem sollen die Investitionen in die Bahn, das Streckennetz und den Regionalverkehr deutlich erhöht werden. Es soll einen Vorrang der Finanzierung in die Schiene vor der Straße bestehen. Die Anteile der Deutschen Bahn an Geschäftszweigen, die nicht dem Zweck der Bahn dienen, sollen verkauft werden. Eine verstärkte und auf europäischer Ebene besonders mit unseren dänischen Nachbarn koordinierte Zusammenarbeit soll mitbedacht werden.

Der SSW setzt sich nachdrücklich für die Stärkung der Schieneninfrastruktur in Schleswig-Holstein ein. Uns geht es dabei um Teilhabe durch Mobilität, aber auch darum, einen erheblichen Beitrag zur Reduktion von Emissionen im Verkehr zu leisten. Wir fordern eine verstärkte Koordination zwischen Bund und Ländern, um diese Projekte effizient umzusetzen. Dabei legen wir besonderen Wert auf die Zusammenarbeit mit unseren dänischen Nachbarn, um grenzüberschreitende Bahnverbindungen durch einheitliche Systeme zu verbessern. Außerdem setzen wir uns dafür ein, dass der Bund seiner Rolle als Eigentümer stärker gerecht wird und die Deutsche Bahn insgesamt gemeinwohlorientierter aufstellt.

SSW-Landtagsfraktion

Wir unterstützen die Forderung nach deutlich höheren Investitionen in die Bahn, sowohl über das neue Sondervermögen Infrastruktur des Bundes als auch über Infrastrukturinvestitionen des Landes. Dass Investitionen prioritär in die Schiene fließen und nicht in die Straße, ist entscheidend für eine zukunftsfähige Infrastruktur. Im Bund haben wir uns für den nun erfolgten Verkauf von DB Schenker eingesetzt, damit die Bahn sich stärker auf ihr eigentliches Kerngeschäft im Güter- und Personenverkehr vor Ort konzentrieren kann. Die Deutsche Bahn ist bereits zu 100 Prozent im Besitz des Bundes, allerdings ohne entsprechende Einflussmöglichkeiten. Das Konstrukt ist eine Fehlentwicklung und muss reformiert werden. Dabei ist wichtig, dass die Infrastruktur auch weiterhin vollständig in staatlichem Besitz ist und der Staat die nötigen Einflussmöglichkeiten hat. Für den Betrieb auf der Schiene gibt es verschiedene Anbieter neben der DB, die im Wettbewerb zueinanderstehen. Hier sollte der Staat sich weniger einmischen und fairen Wettbewerb ermöglichen, dazu gehört insbesondere, die Infrastruktursparte stärker vom Konzern zu trennen. Die Grüne Bundestagsfraktion hat stark darauf hingewirkt, dass es 2024 die erste Bahnreform seit 30 Jahren gab, in der die Infrastruktursparte der DB am Gemeinwohl ausgerichtet wurde. Eine stärkere europäische Zusammenarbeit im Bahnverkehr halten auch wir für entscheidend.

Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Für uns als SPD-Fraktion ist klar: Es muss massiv in die Schiene, das Schienennetz und den Regionalverkehr investiert werden. Ob dafür eine vollständige Verstaatlichung der Deutschen Bahn notwendig ist, ist für uns nicht die entscheidende Frage. Klar ist jedoch: Als Konzern in staatlicher Hand bleibt die Bahn verpflichtet, wirtschaftlich zu handeln und Kosten gering zu halten. Aus unserer Sicht sollte sich die Bahn auf ihr Kerngeschäft in Deutschland konzentrieren. Ein Beispiel hierfür ist der 2024 erfolgte Verkauf der Tochtergesellschaft Arriva Group, die unter anderem die charakteristischen Doppeldeckerbusse in London betreibt. Bestehende Beteiligungen erfüllen weiterhin den Zweck, profitable Bereiche der Bahn nicht vollständig zu privatisieren. Es braucht den politischen Willen, in die Schieneninfrastruktur und den Regionalverkehr zu investieren. Angesichts der dringend notwendigen Verkehrswende ist es ein fatales Signal, dass die Landesregierung mit dem Fahrplanwechsel 2025 Zugverbindungen gestrichen hat. Besonders betroffen sind die Wochenenden und Abendstunden – doch jede einzelne Streichung macht den Regionalverkehr insgesamt unattraktiver. Anstatt nachhaltige Mobilität zu fördern, nimmt die schwarz-grüne Landesregierung bewusst Einschränkungen in Kauf, die den Klimaschutz untergraben. Als SPD-Fraktion ist uns ein gut abgestimmter, grenzüberschreitender Bahnverkehr mit Dänemark ein wichtiges Anliegen. Daher unterstützen wir die Initiative, zu prüfen, ob eine Stärkung des Nachbartarifs hilfreich sein kann oder grenzüberschreitende Fahrten in das Deutschland-Ticket integriert werden könnten. Darüber hinaus setzen wir uns dafür ein, dass die neue Bahnlinie über Hamburg nach Dänemark, die im Rahmen des EU-Projekts „Connecting Europe by Train“ entstehen soll, mindestens einen Halt in Schleswig-Holstein erhält.

SPD-Landtagsfraktion

Eine Wiederverstaatlichung der Deutschen Bahn lehnt die Landesregierung ab. Auch wird die Landesregierung keine einseitige unbegründete Bevorzugung einzelner Verkehrsträger vornehmen. Für die Steigerung von Wohlstand und Wertschöpfung in Schleswig-Holstein sind gut ausgebaute Straßen und Schienen notwendig (siehe auch JiL 37/21). Die Landesregierung Schleswig-Holsteins setzt sich dafür ein, dass die Deutsche Bahn vor allem ihrem gemeinwohlorientierten Auftrag gerecht wird und ihrer Aufgabe bei der Erfüllung öffentlicher Verkehrsbedürfnisse gerecht wird. Diesbezüglich sind Modelle zu prüfen, die eine effizientere Nutzung öffentlicher Mittel und eine bessere Verzahnung mit regionalen Verkehrsbedürfnissen ermöglichen. Das Verkehrsministerium setzt sich auf Bundesebene für eine deutliche Erhöhung der Investitionen in die Bahn, das Streckennetz und den Regionalverkehr ein. Schleswig-Holstein setzt sich als Vorsitzland des Arbeitskreises Bahnpolitik bei der Verkehrsministerkonferenz (VMK) weiterhin insbesondere für folgende Punkte ein: 1. Digitale Schiene Deutschland (ETCS): Die Landesregierung unterstützt die Forderung nach einer bundesweiten Förderung der DSD-Fahrzeugausrüstung und der Einrichtung einer Koordinierungsstelle für den DSD-Rollout. Die aktuelle Förderung ist unzureichend und gefährdet den Zeitplan der Digitalisierung. Es wird ein DSD-Gesetz gefordert, das Finanzierung und Umsetzung langfristig absichert. 2. Hochleistungsnetz und Generalsanierungen: Eine nachhaltige Finanzierung und Verbesserung des Ersatzverkehrs bei Generalsanierungen wird gefordert. Um Verkehrsverlagerungen zu verhindern, müssen hochwertige Ersatzkonzepte geschaffen werden. Hierzu gehören kombinierte Lösungen aus straßen- und schienengebundenem Verkehr sowie eine angemessene Finanzierung durch den Bund. 3. Trassenpreise: Die erheblichen Erhöhungen der Trassenpreise gefährden die Wettbewerbsfähigkeit der Schiene. Schleswig-Holstein fordert eine Reform des Trassenpreissystems, das auf einem Grenzkostenansatz basiert, um Wettbewerbsfähigkeit und langfristige Stabilität zu gewährleisten. 4. Umsetzung der DB InfraGO AG: Schleswig-Holstein unterstützt die Gemeinwohlorientierung der DB InfraGO AG. Eine stärkere Einbindung der Länder in die Ausgestaltung der Steuerungsmechanismen wird gefordert, insbesondere durch die Mitwirkung im Aufsichtsrat. Eine verstärkte Kooperation mit europäischen Partnern, insbesondere unseren dänischen Nachbarn, ist ein Anliegen der Landesregierung. Projekte wie die feste Fehmarnbelt-Querung erfordern eine enge grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Wir unterstützen Maßnahmen, die diese Kooperation vertiefen und den Bahnverkehr über Landesgrenzen hinweg effizienter und klimafreundlicher gestalten.

Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus

Die FDP-Landtagsfraktion lehnt die komplette Wiederverstaatlichung der Deutschen Bahn ab und fordert stattdessen eine klare Trennung von Infrastruktur und Betrieb. Bereitstellung und Erhalt der Schieneninfrastruktur ist dabei - analog zur Straße - eine klare Aufgabe staatlicher Daseinsvorsorge und muss in der Zuständigkeit des Staates liegen. Dies gilt allerdings nicht für den Betrieb. Hier kann die Privatisierung durch mehr Wettbewerb auf der Schiene vielmehr zu einer qualitativen Verbesserung des Schienenverkehrs führen. Die Veräußerung bestimmter Geschäftsbereiche oder Beteiligungen analog zum derzeit laufenden Verkauf des Logistikunternehmens Schenker können hingegen eine sinnvolle Maßnahme sein, um die Deutsche Bahn wieder effizienter für das Kerngeschäft aufzustellen. Die FDP-Landtagsfraktion lehnt zudem einen Finanzierungsvorrang der Schiene vor der Straße ab. Jeder Verkehrsträger für sich erfüllt eine wichtige Aufgabe und trägt seinen Teil zur Mobilität der Bürgerinnen und Bürger bei. Sie dürfen daher nicht gegeneinander ausgespielt werden, sondern müssen jeder für sich gesehen gestärkt werden. Neben Investitionen in das Straßennetz werden daher selbstverständlich auch Investitionen in die Verbesserung des Schienennetzes und -verkehrs unterstützt.

FDP-Landtagsfraktion

Die CDU Schleswig-Holstein setzt sich seit Jahren für eine starke und verlässliche Schieneninfrastruktur im Land ein. Dabei verfolgen wir das Ziel, den Schienenverkehr für die Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein zu verbessern, indem wir sowohl den Ausbau der Strecken als auch eine bessere Vernetzung innerhalb des Landes vorantreiben. Dabei wird auch immer wieder der Austausch zu unseren dänischen Nachbarn gesucht, um eine länderübergreifende Zusammenarbeit zu gewährleisten und um Synergien zu nutzen, sei es bei Zugverbindungen oder der Auswahl bestimmter Züge. Wir bekennen uns klar dazu, dass der Ausbau des öffentlichen Verkehrs eine zentrale Rolle in der Verkehrs- und Klimawende spielt. Eine Wiederverstaatlichung der Deutschen Bahn ist derzeit jedoch nicht geplant. Die Veräußerung bestimmter Geschäftszweige müsste genau geprüft werden. Die Bahn AG ist ein großer Konzern, in dem viele geschäftsübergreifende Abläufe stattfinden und verschiedene Geschäftszweige Relevanz im Gesamtkonzern aufweisen können, sodass der Verkauf von Geschäftszweigen nicht so trivial sein kann. Bestimmte Geschäftszweig können beispielsweise sehr lukrativ sein und dadurch zu einem positiven Gesamtergebnis des Konzerns beitragen. Vielmehr setzen wir uns dafür ein, dass das Land Schleswig-Holstein mehr Einfluss auf den Schienenverkehr nimmt. Dies schließt auch die Möglichkeit ein, dass das Land bestimmte Nahverkehrsstrecken eigenständig betreibt, wie es im Antrag von uns im gemeinsamen Landtagsantrag im September 2024 vorgesehen war. Ein solches Vorgehen soll sicherstellen, dass mehr finanzielle Mittel im Land verbleiben und eine direkte Verantwortung für die Qualität des Nahverkehrs übernommen wird. Die Deutsche Bahn soll so als Partner für eine gut ausgebaute, effiziente und zuverlässige Schieneninfrastruktur agieren. In der Vergangenheit haben wir wiederholt Maßnahmen ergriffen, um die Schieneninfrastruktur im Land zu stärken. So hat sich die CDU-Landtagsfraktion für die Reaktivierung einiger Bahnstrecken ausgesprochen und treibt diese aktiv voran, um etwa die Lebensqualität zu erhöhen und die Ansiedlung von Fachkräften zu fördern. Auch hier geht es darum, das Angebot im Schienenverkehr zu verbessern und für die Menschen im Land einen spürbaren Mehrwert zu schaffen. Kritisch festzustellen ist allerdings auch die aktuelle finanziellen Situation im Bereich des Schienenpersonennahverkehrs. So müssen aufgrund fehlender Regionalisierungsmittel aus dem Bundeshaushalt bereits Verkehrsleistungen im Wert von rund sechs Millionen Euro jährlich abbestellt werden, was vor allem Pendlerinnen und Pendler belastet. Eine Erhöhung der Regionalisierungsmittel zur besseren Finanzierung des Schienenpersonennahverkehrs wäre notwendig, um die negativen Auswirkungen für die Bevölkerung zu vermeiden.

CDU-Landtagsfraktion

Die Forderung nach einer kompletten Wiederverstaatlichung der Deutschen Bahn ist eine politische Grundsatzfrage, bei der es verschiedene Perspektiven gibt. Ob die Bahn als rein staatlicher Betrieb besser funktioniert oder ob sie in der jetzigen Mischform aus Staatseigentum und privatwirtschaftlicher Struktur leistungsfähiger ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Argumente für die Wiederverstaatlichung: Die Bahn ist ein zentrales Verkehrsmittel der Zukunft. Klimaschutz, Mobilitätswende und soziale Gerechtigkeit erfordern ein Schienennetz, das nicht den Profitinteressen einzelner Geschäftszweige unterliegt, sondern als öffentliche Daseinsvorsorge betrieben wird. Eine Bahn unter kompletter staatlicher Kontrolle könnte sich voll auf ihre Kernaufgabe – Personen- und Güterverkehr – konzentrieren, anstatt auf lukrative Nebenbereiche wie Logistik und Auslandsgeschäfte. Aktuell sind private und staatliche Interessen bei der Bahn oft widersprüchlich. Während der Staat Milliarden für das Netz bereitstellt, fließen Gewinne aus anderen Geschäftszweigen (wie DB Cargo oder Auslandstochtergesellschaften) nicht unbedingt zurück in das deutsche Schienennetz. Eine staatlich geführte Bahn könnte sämtliche Investitionen gezielt für die Schieneninfrastruktur und den Regionalverkehr nutzen. Der Straßenverkehr wird seit Jahrzehnten bevorzugt finanziert – das muss sich ändern. Eine staatlich geführte Bahn könnte sicherstellen, dass Gelder nicht nur in Prestigeprojekte wie Hochgeschwindigkeitsstrecken, sondern auch in den Flächenverkehr, den Ausbau ländlicher Bahnhöfe und die Reaktivierung stillgelegter Strecken fließen. Eine Bahn, die als öffentliches Verkehrsnetz statt als gewinnorientiertes Unternehmen agiert, könnte enger mit Dänemark und anderen Nachbarn kooperieren. Dazu gehört der Ausbau internationaler Bahnverbindungen, wie schnellere Verbindungen nach Skandinavien oder eine bessere Taktung grenzüberschreitender Regionalzüge. Aber: Kann die Bahn als Staatsbetrieb effizienter sein? Ein reiner Staatsbetrieb kann auch Nachteile haben: Wenn politische Vorgaben kurzfristig wechseln, kann das zu ineffizienten Entscheidungen führen. Auch Bürokratie könnte Innovationen bremsen. Vor der Bahnreform 1994 galt die damalige Bundesbahn als ineffizient, überbürokratisiert und hoch verschuldet. Zwar hat sich die heutige Deutsche Bahn ebenfalls in vielen Bereichen nicht bewährt, aber eine bloße Rückkehr zum alten Modell wäre auch keine Lösung. Statt einer kompletten Wiederverstaatlichung könnte ich mir ein Hybridmodell vorstellen: Trennung von Netz und Betrieb: Das Schienennetz könnte vollständig in staatliche Hand übergehen, während der Betrieb weiterhin marktwirtschaftlich organisiert wird. Investitionen an Gemeinwohl binden: Gewinne aus lukrativen Geschäftsfeldern müssen in den Schienenausbau zurückfließen. Striktere Kontrolle staatlicher Gelder: Klare Verpflichtungen für den Schienenausbau statt intransparenter Finanzflüsse. Die Forderung nach einer Wiederverstaatlichung der Bahn macht aus sozialdemokratischer Sicht Sinn, weil der Schienenverkehr als zentrale Infrastruktur für Klimaschutz, Mobilität und Daseinsvorsorge eine stärkere öffentliche Kontrolle braucht. Allerdings könnte eine intelligente Reform – mit mehr staatlichem Einfluss, aber ohne übermäßige Bürokratie – eine noch bessere Lösung sein.

Sönke Rix, Landesgruppensprecher der schleswig-holsteinischen Abgeordneten SPD im Bundestag

Über das neue Sondervermögen Infrastruktur des Bundes werden die Investitionen auch in die Infrastruktur der Deutschen Bahn und damit auch die das Streckennetz und den Regionalverkehr erhöht. Im Bund haben wir uns für den nun erfolgten Verkauf von DB Schenker eingesetzt, damit die Bahn sich stärker auf ihr eigentliches Kerngeschäft im Güter- und Personenverkehr vor Ort konzentrieren kann. Die Deutsche Bahn ist bereits zu 100% im Besitz des Bundes. Es ist wichtig, dass die Infrastruktur auch weiterhin vollständig in staatlichem Besitz ist. Für den Betrieb auf der Schiene braucht es mehr Wettbewerb. Die grüne Bundestagsfraktion hat in einem Konzept ausführlicher dargestellt, wie wir uns die Weiterentwicklung der Bahn bis 2035 vorstellen. Eine stärkere europäische Zusammenarbeit im Bahnverkehr halten auch wir für entscheidend.

Ingrid Nestle, Landesgruppensprecher der schleswig-holsteinischen Abgeordneten Grüne im Bundestag