Navigation und Service des Schleswig-Holsteinischen Landtags
Springe direkt zu:
Der Landtag Schleswig-Holstein wird dazu aufgefordert, dass Lehrkräfte verpflichtende Schulungen zur parteipolitischen Neutralität im Unterricht erhalten.
Dass Lehrkräfte politisch komplett neutral sein müssen, ist ein sich hartnäckig haltendes Missverständnis. Unser Landesschulgesetz gibt unseren Lehrkräften mit auf den Weg, Schülerinnen und Schüler bestimmte Werte zu vermitteln. So sollen Schüler:innen befähigt werden, „zum friedlichen Zusammenleben der Menschen beizutragen, sich gegen Antisemitismus, Rassismus und jede andere Form gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit einzusetzen sowie der Wiederbelebung oder Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts und der Verherrlichung des nationalsozialistischen Herrschaftssystems entgegenzutreten“ (SchulG, §4). Darüber hinaus sollen Schüler:innen nach unserem Schulgesetz dazu ermutigt werden, eigenständig zu denken und vermeintliche Gewissheiten und gesellschaftliche Strukturen kritisch zu überdenken. Damit dürfen, können und sollen sie auch eventuelle Äußerungen von Lehrkräften einordnen und diesen kritisch begegnen. Schulen sind durch ihren Bildungs- und Erziehungsauftrag des Staates, der in Art. 7 Abs. 1 Grundgesetz festgelegt ist, dazu verpflichtet, die politische Zurückhaltung der Lehrkräfte zu wahren. Oft kommt es in dieser Frage aufgrund des „Beutelsbacher Konsens“ aber zu Missverständnissen. Dieser ist das Ergebnis einer politikdidaktischen Tagung in den 1970’er Jahren und umfasst die drei Grundprinzipien des Indoktrinationsverbots, dem Gebot der Kontroversität und der Schülerorientierung. Kurz gesagt: Lehrkräfte dürfen ihre eigene politische Meinung ausdrücken, diese aber nicht als allgemeingültig darstellen. Wenn Lehrkräfte gegenüber den Schüler:innen einseitig für eine bestimmte politische Auffassung oder eine Partei explizit werben, überschreiten sie jedoch den zulässigen Rahmen. In diesem Falls müssen sich die Schulen darum kümmern. Verpflichtende Schulungen für Lehrkräfte, die über die Inhalte hinausgehen, die angehenden Lehrkräften im Studium vermittelt werden, sehen wir nicht als notwendig an.
Wir stehen für eine sachliche, ausgewogene und kontroverse politische Bildung an Schulen. Wir legen großen Wert auf Demokratiebildung als Querschnittsaufgabe der Schulkultur und aller Unterrichtsfächer. Demokratiebildung fördern wir in dieser Legislaturperiode und entwickeln das Aus-, Fort- und Weiterbildungsangebot weiter, dies haben wir in einem Beschluss zur Demokratiebildung festgelegt (Drucksache 20/2539). Lehrkräfte, insbesondere WiPo-Lehrkräfte, sind grundsätzlich mit dem Beutelsbacher Konsens vertraut. Der Beutelsbacher Konsens drückt eine Haltung und Leitlinie zur politischen Bildung aus. Politische Bildung soll demnach an den Schüler*innen orientiert sein, kontrovers sein und ohne Überwältigung erfolgen. Lehrkräfte haben den Auftrag, politische Themen multiperspektivisch und demokratisch zu vermitteln, damit Schüler*innen sich eine eigene Meinung bilden können. Schule soll ein Raum zur politischen Auseinandersetzung mit klarer demokratischer Haltung sein. Alle Lehrkräfte müssen im Sinne des Grundgesetzes handeln und unterrichten. Parteien, die antidemokratisch sind und zum Beispiel in Teilen als gesichert rechtsextremistisch gelten, dürfen von Lehrkräften auch als solche bezeichnet werden. Hier gilt keine parteipolitische Neutralität für Lehrkräfte. Wenn Parteien in ihrer Ausrichtung gegen die Werte unseres Grundgesetzes verstoßen, dürfen Lehrkräfte dem nicht neutral gegenüberstehen und müssen die Werte des Grundgesetzes verteidigen. Wir setzen uns dafür ein, dass politische Bildung faktenbasiert bleibt und demokratische Werte gestärkt werden. Bei Lehrkräften, die nicht im Sinne der Verfassung handeln, müssen eindeutige disziplinarische Maßnahmen möglich sein. Dabei darf es in Schleswig-Holstein keinen blinden Fleck geben.
Schulen sind keine unpolitischen Orte und müssen daher nicht politisch neutral sein. Allerdings müssen sie parteipolitisch neutral sein. Das steht bereits in § 4 des Schleswig-Holsteinischen Schulgesetzes im Rahmen der Bildungs- und Erziehungszielen von Schule: (2) „Der Bildungsauftrag der Schule basiert auf den im Grundgesetz verankerten Menschenrechten, den sie begründenden christlichen und humanistischen Wertvorstellungen und auf den Ideen der demokratischen, sozialen und liberalen Freiheitsbewegungen.“ (6) „Zum Bildungsauftrag der Schule gehört die Erziehung des jungen Menschen zur freien Selbstbestimmung in Achtung Andersdenkender, zum politischen und sozialen Handeln und zur Beteiligung an der Gestaltung der Arbeitswelt und der Gesellschaft im Sinne der freiheitlichen demokratischen Grundordnung.“ (13) „Die Schule darf Sachverhalte nicht politisch einseitig behandeln. Sie muss sich parteipolitisch neutral verhalten.“ Die Unterscheidung zwischen ´politisch neutral´ und ´parteipolitisch neutral´ ist gerade für Schule als Ort der Demokratiebildung wichtig. Für die freiheitlich-pluralistischen Werte unserer Verfassung einzugestehen, ist für Lehrkräfte nämlich ebenso wichtig, wie parteipolitische Neutralität zu wahren. Schulungen, bei denen Lehrkräfte diese Unterscheidung und ihre praktischen Auswirkungen auf die Unterrichtsgestaltung noch besser kennenlernen, erachtet wir daher durchaus als sinnvoll und geboten.
Der Schulunterricht und die schulische Erziehung erfolgen auf der Grundlage des Grundgesetzes, der Landesverfassung und des Schulgesetzes (insbesondere § 4). Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung, auf Bildung, auf soziale Sicherheit und auf die Förderung ihrer Entwicklung zu eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten. Der Bildungsauftrag der Schule basiert auf den im Grundgesetz verankerten Menschenrechten, den sie begründenden christlichen und humanistischen Wertvorstellungen und auf den Ideen der demokratischen, sozialen und liberalen Freiheitsbewegungen. Zum Bildungsauftrag der Schule gehört die Erziehung des jungen Menschen zur freien Selbstbestimmung in Achtung Andersdenkender, zum politischen und sozialen Handeln und zur Beteiligung an der Gesellschaft im Sinne der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Die Schule soll jungen Menschen kulturelle und gesellschaftliche Orientierung vermitteln. Sie soll dazu ermuntern, eigenständig zu denken und vermeintliche Gewissheiten und gesellschaftliche Strukturen auch kritisch zu über-denken. Die Schule darf Sachverhalte nicht politisch einseitig behandeln. Sie muss sich parteipolitisch neutral verhalten. Das Beamtenrecht verpflichtet Beamtinnen und Beamte zu einer unparteiischen Aufgabenerfüllung (§ 33 BeamtStG). Im schulischen Kontext darf mithin keine Parteipolitik betrieben werden. Jedoch sind Politik und politisch kontroverse Diskussionen grundsätzlich gewollter und gesetzmäßiger Inhalt schulischen Unterrichts, denn es gehört zu dem Auftrag von Schule, junge Menschen auf ihre Stellung als Bürgerin und Bürger in einem freiheitlichen demokratischen Staat vorzubereiten und sie zu befähigen, darin Verantwortung zu übernehmen. Die Schule muss sich aber stets dabei in dem Spannungsverhältnis zu einer realitätsnahen und Interesse weckenden Demokratieerziehung auf der einen und dem ihr auferlegten Gebot zu strikter parteipolitischer Neutralität auf der anderen Seite bewegen. Hierbei gelten nach dem Erlass zur politischen Bildung in Schulen vom 06.07.2016 drei maßgebliche Grundsätze, die auch dem sog. Beutelsbacher Konsens zugrunde liegen: Überwältigungsverbot - Lehrkräfte dürfen Schülerinnen und Schüler durch das Vorbringen ihrer persönlichen Meinung oder einer bestimmten anderen Meinung nicht daran hindern, sich selbst ein Urteil zu bilden. Vielmehr ist der Unterricht so zu gestalten, dass die Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzt werden, eine eigene Meinung unter kritischer Abwägung unterschiedlicher Standpunkte zu entwickeln. Kontroversitätsgebot - Was in der Wissenschaft, Gesellschaft und in der Politik kontrovers ist, muss auch im Unterricht als Grundlage für die eigene Meinungsbildung der Schülerinnen und Schüler kontrovers behandelt und diskutiert werden. Schülerorientierung - Die Schülerinnen und Schüler sollen befähigt werden, eine politische Situation und die eigene Interessenlage zu analysieren. Sie sollen im Sinne der freiheitlichen demokratischen Grundordnung insbesondere zum aktiven politischen und sozialen Handeln angeleitet und ermuntert werden, eigenständig zu denken und vermeintliche Gewissheiten, bestehende gesellschaftliche Strukturen und vorgefundene politische Lagen kritisch zu überdenken. Alle Lehrkräfte sind verpflichtet sich fortzubilden, damit sie den Anforderungen von Schule und Unterricht gewachsen bleiben (§ 32 Lehrkräftebildungsgesetz Schleswig-Holstein). Vorgaben im Sinne einer verpflichtenden Fortbildung gibt es nicht. Aktuelle Themen spiegeln sich im jeweiligen Fortbildungsangebot des IQSH wider, aus dem die Lehrkräfte ihre Fortbildungen frei wählen können. Die Verpflichtung zur parteipolitischen Neutralität und die drei Prinzipien des Beutelsbacher Konsenses sind als Querschnittsthema in den Fortbildungen des IQSH enthalten, die sich entsprechenden Fragestellungen widmen. Auch im Vorbereitungsdienst kommen alle Lehrkräfte mit diesem Thema in angemessenem Maße in Kontakt. Das IQSH prüft zurzeit, wie diese Inhalte und damit das Bewusstsein der Lehrkräfte für diese wichtigen Prinzipien noch weiter geschärft werden kann.
Es ist absolut notwendig, dass Lehrkräfte politische Neutralität wahren. Der Pluralismus ist wesentlicher Teil unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und sollte von Lehrkräften gefördert und gelebt werden. Es ist Aufgabe der Schulen, für ein offenes Diskussionsklima zu sorgen und Lehrkräfte anzuhalten und dabei zu unterstützen, breite Meinungsspektren in schulischen Diskussionen zuzulassen. Dies sollte aber nicht durch verpflichtende Schulungen erreicht werden, sondern sollte von den Schulen und Schulträgern vor Ort sichergestellt werden. Dazu gehört auch das Adressieren von Lehrkräften, die einseitige politische Meinungen fördern oder eine eindeutige politische Parteinahme vertreten.
Alle Lehrkräfte haben grundsätzlich die gesetzliche Pflicht zur Wahrung der politischen Zurückhaltung in Schule. Dennoch können sich auch Lehrkräfte politisch äußern und sich stets auf ihr Recht auf Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG berufen. Wenn eigene Positionen vertreten werden, gilt es, dass sie die Schülerinnen und Schüler damit nicht einseitig beeinflussen oder für eine bestimmte politische Auffassung oder eine Partei werben dürfen. Aufgrund dieser klaren Regelung halten wir verpflichtende Schulungen zur „parteipolitischen Neutralität im Unterricht“ für nicht notwendig.
Die parteipolitische Neutralität im Unterricht ist ein wichtiger Grundsatz und stellt sicher, dass Lehrkräfte keine parteipolitische Einflussnahme ausüben, sondern Schülerinnen und Schüler zu eigenständigem Denken befähigen. Diese Neutralität gilt jedoch für das demokratische Spektrum und darf nicht bedeuten, dass Lehrkräfte sich gegenüber verfassungsfeindlichen, rechtsextremen oder antidemokratischen Strömungen zurückhalten müssen. Gerade im Umgang mit extremistischen Parteien oder anderen demokratiefeindlichen Ideologien ist es notwendig, klar Position zu beziehen. Der Beutelsbacher Konsens verpflichtet Lehrkräfte, Überwältigung und Indoktrination zu vermeiden, garantiert aber ebenso das Recht, über Gefahren für die Demokratie aufzuklären. Eine verpflichtende Schulung zur parteipolitischen Neutralität kann daher sinnvoll sein, wenn sie dazu dient, Lehrkräfte in ihrer professionellen Rolle zu stärken und den Umgang mit politischen Kontroversen sowie extremistischen Positionen reflektiert zu gestalten. Politische Bildung lebt von Debatte und Meinungsvielfalt, aber sie darf nicht neutral gegenüber Feinden der Demokratie sein.
Lehrerinnen und Lehrer in Deutschland dürfen sich politisch äußern, da sie wie alle Bürgerinnen und Bürger ein Grundrecht auf Meinungsfreiheit haben. Im schulischen Kontext gilt jedoch das Neutralitätsgebot: Politische Themen müssen ausgewogen und kontrovers dargestellt werden, wie es der Beutelsbacher Konsens vorsieht. Lehrer dürfen Schüler nicht indoktrinieren, sondern sollen sie dazu befähigen, sich eine eigene Meinung zu bilden. Die politische Meinungsäußerung von Lehrkräften – im richtigen Rahmen – ist wichtig für die Demokratiebildung. Sie fördert die Urteilsfähigkeit der Schüler, regt zur Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Fragen an und macht deutlich, dass Demokratie aktives Mitwirken erfordert.