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JiL 37/68 NEU, Arbeitskreis 1

"Verpflichtender WiPo-Unterricht ab der 7. Klasse "

Der Schleswig-Holsteinische Landtag und die Landesregierung werden dazu aufgefordert, verpflichtenden WiPo- Unterricht ab der 5. Klasse einzuführen und durchzusetzen. Ab der 5. Klasse soll der WiPo-Unterricht einstündig als eine zusätzliche Stunde dazukommen. Ab der 7.Klasse soll zwischen Musik und Kunst gewählt werden, wodurch zwei Wochenstunden wegfallen, die dann für den WiPo-Unterricht genutzt werden sollen.

Demokratisches Handeln und demokratische Bildung stehen beim SSW ganz weit oben. Und dass muss sich auch in den Stundenplänen unserer Schulen niederschlagen. Daher stehen wir nach wie vor hinter der Forderung des Jugendparlamentes, WiPo ab der siebten Klasse verpflichtend zu unterrichten. Schule muss auf das Leben vorbereiten. Und zum Leben gehört im besten Fall auch ein Grundverständnis für die Politik und die Wirtschaft. Deshalb wollen wir als SSW die politische und auch die wirtschaftliche Bildung im Schulunterricht weiter ausbauen und stärken. Konkret bedeutet das, dass wir den WiPo-Unterricht in den Kontingentstundentafeln der Sekundarstufe I an Gymnasien und Gemeinschaftsschulen mit einem verpflichtenden Mindestkontingent von sechs Jahreswochenstunden ausstatten wollen. Alle weiterführenden Schulen in Schleswig-Holstein müssen das Fach Wirtschaft/Politik auf einem guten und verlässlichen Niveau verpflichtend unterrichten. In Zeiten, in denen der Extremismus in Europa zunimmt und radikale Parteien und Regierung die Demokratie schwächen - ist es besonders wichtig, rechtzeitig auf radikale und undemokratische Tendenzen zu reagieren. Die politische Bildung und Demokratiebildung und die Partizipation junger Menschen sind existenziell für unser politisches System.

SSW-Landtagsfraktion

Grundsätzlich begrüßen wir Grüne das Anliegen von JiL, den WiPo-Unterricht zu stärken. Gerade in Zeiten gesellschaftlicher und politischer Herausforderungen halten wir eine solide politische Bildung für essenziell. Zum Schuljahr 2020/21 haben wir deshalb für die Sekundarstufe I bereits einen Mindestumfang von vier Jahreswochenstunden WiPo-Unterricht ab Jahrgangsstufe 7 eingeführt. Angesichts der notwendigen Haushaltskonsolidierung, also der Tatsache, dass das Land Einsparungen vornehmen muss, weil es weniger Geld zur Verfügung hat, sehen wir derzeit jedoch keinen finanziellen Spielraum, um verpflichtenden WiPo-Unterricht bereits ab der 5. Klasse einzuführen. Langfristig setzen wir Grüne uns für eine Stärkung des WiPo-Unterrichts ein.

Landtagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Die Welt ist im Wandel. Kinder und Jugendliche haben das Bedürfnis, sich mit der Suche nach Antworten auf Rechtsextremismus, Klimawandel und Digitalisierung zu beschäftigen. Es muss in der Schule reflektiert werden, wie die Demokratie und ihre Institutionen auf solche und andere Herausforderungen reagieren. Aus diesem Grund braucht es sowohl verpflichtende WiPo-Inhalte ab Klasse fünf als auch mehr WiPo-Pflichtstunden ab Klasse sieben. Schule muss vermitteln, wie unsere Demokratie funktioniert und warum ein guter Kompromiss unterschiedliche Argumente voraussetzt. Dafür braucht es vor allem den WiPo-Unterricht, aber nicht allein. Politische Bildung und Demokratiebildung sind Aufgabe der gesamten Schule und daher auch aller Fächer. Darüber hinaus muss Schule Demokratie aber auch erlebbar machen. Es braucht eine Schulkultur, sie sich durch Teilhabe und miteinander Argumentieren kennzeichnet, damit Schüler*innen ein Verständnis für politische Einigungsprozesse abseits eines binären Freund-Feind-Denkens entwickeln und die eigene und gemeinsame Gestaltungsfähigkeit der Schul- und daher auch Lebenswelt erfahren. Dem schwindenden Vertrauen in Politik muss aktiv entgegengewirkt werden, erreicht werden kann das insbesondere durch die verstärkte Vermittlung politischen Wissens. Wer eines Tages Verantwortung für sich und andere übernehmen soll, braucht mehr politische Bildung und nicht weniger. Dafür setzen wir uns als SPD-Landtagsfraktion stetig ein.

SPD-Landtagsfraktion

Die kürzlich veröffentlichte Kontingentstundentafel für die Sekundarstufe I sichert erstmals ausdrücklich ein Mindestkontingent von 4 Halbjahren Wirtschaft/Politik ab. Hier hat es in den vergangenen Jahren einen deutlichen Aufwuchs gegeben, der von der derzeit notwendigen Reduzierung des Unterrichtsvolumens unangetastet bleibt. Insgesamt sieht die Stundentafel für den Unterricht in den Gesellschaftswis-senschaften und die historisch-politische Bildung insgesamt 29 (GemS) bzw. 26 (Gym) Jahreswochenstunden in der Sekundarstufe I vor. In der Qualifikationsphase der allgemein bildenden Oberstufe sind derzeit 12 Jahreswochenstunden (JWS) für dieses Aufgabenfeld reserviert - damit liegt Schleswig-Holstein in Bezug auf das Unterrichtsvolumen (auch nach der Umsetzung der geplanten Entlastungen in der Oberstufe) erkennbar über den KMK-Vorgaben für dieses Aufgabenfeld. Politische Bildung im Sinne von Demokratiebildung ist nichts, was an ein einzelnes Fach de-legiert werden kann, sondern eine Aufgabe des Unterrichts aller Fächer und der Gestaltung des Zusammenlebens in der Schule. Wir haben dies im vergangenen Jahr bei der Überarbei-tung des Grundlagenteils der Fachanforderungen in Bezug auf die Auseinandersetzung mit Antisemitismus noch einmal explizit herausgestellt. Vor dem Hintergrund des schulgesetzlichen Auftrags der Schule, „die kognitiven, emotionalen, sozialen, kreativen und körperlichen Fähigkeiten des jungen Men-schen“ zu entwickeln (§ 4 Absatz 2 SchulG), erscheint eine Ausdehnung des ge-sellschaftswissenschaftlichen Aufgabenfelds in der Stundentafel zulasten des mu-sisch-ästhetischen Fachbereichs, der lediglich über ein Mindestkontingent von 7 JWS in der Sekundarstufe I abgesichert ist, nicht zielführend.

Ministerium für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur

Die FDP-Landtagsfraktion unterstützt die Ausweitung des WiPo-Unterrichts in der Schule und dies auch explizit ab der 5. Klasse. Die Aufnahme des Faches WiPo mit einer festgelegten Stundenausweitung halten wir - gerade im Angesicht der weltpolitischen Lage und der zunehmenden Bedrohungen der Demokratie von innen - für eine unerlässliche Maßnahme für die Stärkung unserer freiheitlichen-demokratischen Grundordnung.

FDP-Landtagsfraktion

Für uns als CDU-Fraktion ist der Wunsch nach einer Stärkung des Politikunterrichts an Schulen sehr gut nachvollziehbar. Auch wir halten den WiPo-Unterricht für wesentlich und unterstützen das wichtige Anliegen der Demokratiebildung. Deshalb haben wir Maßnahmen ergriffen, um die politische Bildung zu stärken. So haben wir bspw. bereits 2020 ein verbindliches Mindestkontingent von vier Jahreswochenstunden für das Fach Wirtschaft/Politik (WiPo) in den Jahrgangsstufen 7 bis 10 eingeführt und sind damit einen wichtigen Schritt hin zu mehr Verbindlichkeit und Vergleichbarkeit an allen Schulstandorten gegangen. Tatsächlich war es vorher möglich, dass an manchen Schulen ohne Oberstufe WiPo komplett entfallen ist. Darüber hinaus haben wir den Dialog zwischen Politik und Schülerinnen und Schülern weiter gefördert, z.B. durch die regelmäßige Durchführung von Diskussionsveranstaltungen durch das Projekt „dialogP“. Aktuell wird geprüft, inwiefern auch im Rahmen der Experimentierklausel neue Möglichkeiten der politischen und ökonomischen Bildung adressiert werden können. In der Oberstufe wurde das Fach durch die Reform der Oberstufenverordnung (OAPVO 2020) ebenfalls aufgewertet. Mit Blick auf die stark belasteten Stundenpläne in der Oberstufe und die Vorgaben der neuen KMK-Vereinbarung wurde dieses Modell kürzlich angepasst: Der verpflichtende Halbjahreskurs entfällt, WiPo bleibt aber weiterhin als Profilfach voll wählbar und kann in schriftlichen oder mündlichen Abiturprüfungen eingebracht werden. Auch das Profilseminar bietet Raum für Vertiefung im politischen oder ökonomischen Bereich. Die KMK-Vereinbarungen für die Qualifikationsphase sehen mindestens sechs Halbjahreskurse im gesellschaftswissenschaftlichen Bereich vor. Schleswig-Holstein überschreitet diese Vorgabe deutlich. Die vorgeschlagene Einführung von WiPo ab Klasse 5 als zusätzliche Stunde ist angesichts begrenzter Ressourcen und eines engen Fächerkanons nicht umsetzbar. Der vorgeschlagene Ersatz von Musik oder Kunst zugunsten von WiPo sehen wir kritisch, da auch diese Fächer einen wesentlichen Beitrag zur Allgemeinbildung und Persönlichkeitsentwicklung leisten.

CDU-Landtagsfraktion

Das deutsche Schulsystem muss junge Menschen befähigen, sich in einer zunehmend komplexen Welt zurechtzufinden und aktiv an Gesellschaft und Wirtschaft teilzuhaben. Neben der Vermittlung klassischer Bildungsinhalte gehört dazu auch eine stärkere politische und wirtschaftliche Bildung. Die aktuellen Herausforderungen – von Desinformation über Populismus bis hin zu wirtschaftlichen Umbrüchen – machen deutlich, wie wichtig es ist, junge Menschen frühzeitig für demokratische Prozesse und wirtschaftliche Zusammenhänge zu sensibilisieren. In einer Zeit, in der gesellschaftliche Debatten und wirtschaftliche Entwicklungen rasant verlaufen, braucht es fundierte politische und wirtschaftliche Bildung, die Orientierung gibt und zur aktiven Mitgestaltung befähigt. Wir begrüßen daher die Idee, den WiPo-Unterricht weiter auszubauen. Es ist sinnvoll, diese Inhalte frühzeitig zu vermitteln, um das politische und wirtschaftliche Verständnis zu fördern. Dabei geht es nicht darum, Fächer wie Kunst oder Musik abzuwerten – beides bleibt wichtiger Bestandteil einer ganzheitlichen Bildung. Eine klug gestaltete Wahlmöglichkeit zwischen diesen Fächern und WiPo könnte jedoch dazu beitragen, individuelle Interessen und Stärken der Schülerinnen und Schüler besser zu berücksichtigen. Eine Ausweitung des WiPo-Unterrichts auf die 5. Klasse halten wir für diskussionswürdig, da diese Jahrgangsstufe häufig als Orientierungsphase dient. Hier sollten pädagogische Konzepte sowie die praktische Umsetzbarkeit vor Ort in den Schulen sorgfältig geprüft werden.

Sönke Rix, Landesgruppensprecher der schleswig-holsteinischen Abgeordneten SPD im Bundestag

Politische Bildung ist in unserer Demokratie die Voraussetzung für die politische Selbstbestimmung. Gerade in Zeiten eines größer werdenden Informationsangebotes wächst die Herausforderung Falschinformationen zu erkennen und sich eine fundierte politische Meinung zu bilden. Die Grüne Bundestagsfraktion sieht politische Bildung daher als eine Zukunftskompetenz junger Menschen. Eine verpflichtende Einführung des WiPo-Unterrichts ab der fünften Klasse ist allerdings eine Entscheidung, die in den Zuständigkeitsbereich der Länder fällt.

Ingrid Nestle, Landesgruppensprecher der schleswig-holsteinischen Abgeordneten Grüne im Bundestag